Individueller Sanierungsfahrplan: Förderung, Grenzen und Nutzen für Mehrfamilienhäuser
Die meisten Eigentümer und Verwaltungen von Mehrfamilienhäusern, die eine energetische Sanierung planen, haben eins gemeinsam: Sie stehen vor einer Fülle widersprüchlicher Empfehlungen, Förderregeln und technischen Optionen und fragen sich, ob ihr Projekt überhaupt umsetzbar ist und sich lohnt.
Der individuelle Sanierungsfahrplan (iSFP) wird dabei oft als das „Allheilmittel“ präsentiert – als Dokument, das nicht nur den Zugang zu Fördermitteln sichert, sondern gleichzeitig alle Entscheidungen über Maßnahmen, Kosten und Zeitplanung vorgibt.
Doch die Ernüchterung folgt schnell: In der Praxis liefert der iSFP meist nur eine grobe Orientierung, keine belastbare Wirtschaftlichkeitsanalyse, selten eine strategisch durchdachte Zeitplanung. Er zeigt Schwachstellen im Gebäude auf und hilft beim „Förder-Boost“ – aber er ersetzt keinesfalls eine fundierte Sanierungsplanung.
In diesem Beitrag erfahren Sie, welche Fördervorteile der iSFP tatsächlich bietet, wie er aufgebaut ist und welche gesetzlichen Grundlagen gelten. Außerdem zeige ich, welche Grenzen Sie kennen müssen – von fehlender Wirtschaftlichkeitsanalyse bis hin zur unzureichenden Zeitplanung – und wie Sie den iSFP sinnvoll als Einstieg in eine durchdachte Sanierungsstrategie für Ihr Mehrfamilienhaus nutzen können.
Wenn Sie wissen möchten, wie Sie den iSFP als Einstieg nutzen und daraus eine echte Sanierungsstrategie mit belastbarer Wirtschaftlichkeitsanalyse entwickeln, unterstützt Sie Der Klima Coach mit einer unabhängigen Beratung für Ihr Mehrfamilienhaus.
Was ist ein individueller Sanierungsfahrplan (iSFP) und für wen ist er sinnvoll?
Ein individueller Sanierungsfahrplan (iSFP) ist ein standardisiertes Instrument der Energieberatung, das einen Überblick über den energetischen Ist-Zustand eines Einfamilienhauses, Mehrfamilienhauses oder Nichtwohngebäudes liefert und notwendige Sanierungsmaßnahmen vorschlägt.
Er wurde im Rahmen der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) etabliert und dient als Einstieg in eine strukturierte Sanierungsplanung. Der iSFP beschreibt, welche Bauteile energetisch schwach sind, welche Maßnahmen technisch realistisch sind und wie sich einzelne Schritte zu einem sinnvollen Gesamtkonzept verbinden lassen – stets mit Blick auf die Förderfähigkeit.
Das GEG ist der rechtliche Rahmen für energetische Sanierungen allgemein
Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) zusammen mit den BEG-Richtlinien bildet den rechtlichen Rahmen. Nachfolgend und allgemein wird viel von GEG und BEG gesprochen – auch wenn beide Rechtsgrundlagen sehr ähnlich klingen, darf man sie nicht verwechseln, denn die darin formulierten Mindeststandards sind unterschiedlich.
Im GEG ist festgelegt, welche energetischen Standards bei Sanierungen eingehalten werden müssen. Das betrifft zum Beispiel die Dämmung von Dächern, Fassaden, Kellerdecken und den Austausch von Fenstern und Türen: Wer diese Bauteile erneuert oder austauscht, muss bestimmte Wärmedurchgangswerte einhalten.
Der sogenannte U-Wert gibt an, wie viel Wärme durch ein Bauteil nach außen verloren geht – je kleiner der Wert, desto besser die Dämmwirkung.
Der iSFP selbst ist im GEG nicht vorgeschrieben, er kann aber als Instrument genutzt werden, um Sanierungsschritte so zu planen, dass die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden.
Das BEG ist die rechtliche Grundlage für Förderungen und den individuellen Sanierungsfahrplan
Die BEG-Richtlinien (Bundesförderung für effiziente Gebäude) regeln die staatliche Förderung energetischer Sanierungsmaßnahmen. Hier ist der iSFP ausdrücklich verankert: Er ist ein förderfähiges Beratungsprodukt, das nur von gelisteten Energieeffizienz-Experten erstellt werden darf.
Mit ihm soll sichergestellt werden, dass die geplanten Maßnahmen ausreichend sind, um den Energieverbrauch maßgeblich zu senken. Damit wird der iSFP rechtlich zum Bindeglied zwischen der energetischen Pflicht aus dem GEG und den finanziellen Anreizen der BEG.
Die BEG knüpft die Förderung an strengere technische Mindestanforderungen, als diese im GEG vorgegeben sind. Dadurch soll gewährleistet werden, dass nur Maßnahmen mit spürbarer energetischer Wirkung gefördert werden.
|
Bauteil |
GEG U-Wert |
BEG U-Wert |
|
Dach |
0,24 |
0,14 |
|
Außenwand |
0,24 |
0,20 |
|
Kellerdecke |
0,30 |
0,25 |
|
Fenster |
1,3 |
0,95 |
Wem nutzt der individuelle Sanierungsfahrplan?
Besonders hilfreich ist der iSFP in folgenden Situationen:
1. Wenn Unklarheit besteht, wie das Gebäude energetisch grundsätzlich einzuschätzen
2. Wenn höhere Fördermittel in Anspruch genommen werden sollen, auch wenn dies unter Umständen höhere Sanierungskosten zur Folge hat.
3. Wenn unklar ist, in welcher Reihenfolge die Umsetzung wirtschaftlich und technisch Sinn ergibt.
4. Wenn mehrere Eigentümerparteien beteiligt sind und eine neutrale, fachlich nachvollziehbare Grundlage für die weitere Sanierungsplanung benötigt wird.
Aufbau und Inhalte eines iSFP
Der iSFP besteht aus zwei Dokumenten: dem eigentlichen individuellen Sanierungsfahrplan und der „Umsetzungshilfe“, die deutlich ausführlicher als der eigentliche iSFP ist.
Die wichtigsten Bestandteile des iSFP:
1. Energetischer Ist-Zustand des Gebäudes – Bewertung von Fassade, Dach, Fenstern und Heizungsanlage.
2. Sanierungsfahrplan – eine Liste vorgeschlagener Sanierungsmaßnahmen, in 3 – 5 Maßnahmepakete aufgeteilt, inklusive graphischer Darstellung.
3. Ihr Haus in Zukunft – Ergebnisse und Vorteile der Sanierungsmaßnahmen.
4. Kostendarstellung – eine Liste mit möglichen Kosten und Fördersummen, bei denen es sich aber in der Regel um sehr grobe Schätzungen handelt.
5. Ihre nächsten Schritte – Tipps für das weitere Vorgehen.
Die wichtigsten Bestandteile der Umsetzungshilfe:
1. Allgemeine Informationen – Grundlagen der Energieberatung und Hemmnisse für das Erreichen der besten Energieklasse.
2. Maßnahmenpakete – dies ist der Kern des gesamten iSFP. Hier werden alle sinnvollen Sanierungsschritte im Detail aufgezählt, begründet und ihre Ergebnisse aufgezeigt.
3. Ihr Haus in Zukunft –Tipps für die Nutzung Ihres Gebäudes und zur Senkung des Energieverbrauchs.
4. Technische Dokumentation – Tabellen mit Flächen, Investitionssummen, Kennwerten und Zielwerten nach GEG und BEG.
Effizienzhaus-Standards im Überblick
Ein Effizienzhaus ist eine Gebäudekategorie, die beschreibt, wie gut ein Haus im Vergleich zu einem festgelegten Referenzgebäude nach Gebäudeenergiegesetz (GEG) energetisch abschneidet.
Dabei geht es vor allem um zwei Kennzahlen: den Primärenergiebedarf (wie viel Energie das Gebäude für Heizung, Warmwasser, Lüftung und Kühlung benötigt, unter Berücksichtigung des Energieträgers) und den Transmissionswärmeverlust (wie viel Wärme durch Dach, Fassade, Fenster und Decken verloren geht). Je niedriger diese Werte sind, desto besser die Energieeffizienz.
Ziel des Effizienzhaus-Systems ist es, Sanierungen vergleichbar zu machen und Eigentümern ein klares Zielniveau zu geben, das auch als Voraussetzung für Förderungen dient. Jede erreichte Klasse bringt Vorteile mit sich: Wer ein Effizienzhaus 85 erreicht, sichert sich bereits attraktive Zuschüsse und steigert die Vermietbarkeit durch eine bessere Energieklasse.
Ein Effizienzhaus 55 wird besonders stark gefördert und zeigt Mietern wie Käufern, dass das Gebäude langfristig zukunftssicher ist. Ein Effizienzhaus 40 gilt als nahezu klimaneutral, erhöht den Marktwert erheblich, erfordert aber fast immer eine Vollsanierung mit hohen Investitionen.
Der Nachteil der höheren Standards ist also der deutlich größere Aufwand: Je niedriger die Effizienzhauszahl, desto umfangreicher und teurer sind die baulichen Maßnahmen. Eigentümer und Verwaltungen von Mehrfamilienhäusern müssen deshalb sorgfältig abwägen, ob die zusätzlichen Förderungen und die langfristige Wertsteigerung die höheren Investitionskosten rechtfertigen.
Die wichtigsten Effizienzhaus-Kategorien sind:
Effizienzhaus 100 – entspricht in etwa dem energetischen Standard eines Neubaus nach aktuellem GEG.
Effizienzhaus 85 – benötigt nur noch 85 % der Primärenergie im Vergleich zum Referenzgebäude.
Effizienzhaus 70 – noch einmal strenger, mit deutlich besseren Dämmwerten und effizienterer Technik.
Effizienzhaus 55 – gilt als ambitionierter Sanierungsstandard. Gebäude verbrauchen nur 55 % der Primärenergie des Referenzgebäudes.
Effizienzhaus 40 – fast Passivhaus-Niveau, erfordert meist umfassende Dämmung, sehr gute Fenster und hocheffiziente Anlagentechnik.
Bei jeder Effizienzklasse gibt es auch die Möglichkeit, dass es sich um eine Erneuerbare-Energien-Gebäude handelt (welches mindestens 65% seiner Wärmeenergie durch Erneuerbare Energien speist), dann heißt es beispielsweise Effizienzhaus 85 EE.
Warum lohnt sich ein individueller Sanierungsfahrplan für Eigentümer von Mehrfamilienhäusern?
Ein iSFP lohnt sich in erster Linie wegen seines direkten Fördervorteils und der strukturierten Orientierung. Wenn ein iSFP vorliegt, erhöht sich der Zuschuss für energetische Sanierungsmaßnahmen nicht nur von meist 15% auf 20%, sondern die Summe der anrechenbaren Gesamtsanierungskosten verdoppeln sich in der Regel auch.
Einzelmaßnahmen oder Gesamtsanierung?
Bevor wir uns die konkreten Zahlen anschauen, möchte ich noch kurz den Unterschied zwischen Einzelmaßnahmen und Gesamtsanierung erklären, und was die Vor- und Nachteile sind. Eigentümer und Verwaltungen von Mehrfamilienhäusern müssen sich entscheiden, ob sie ihr Gebäude Schritt für Schritt modernisieren oder in einem größeren Projekt eine Gesamtsanierung umsetzen.
Bei Einzelmaßnahmen wird jeweils ein bestimmtes Bauteil oder eine Anlage verbessert – zum Beispiel Dach, Fassade, Fenster oder Heizungsanlage. Das ermöglicht eine flexible Umsetzung und lässt sich leichter mit laufender Vermietung vereinbaren.
Der Nachteil: Ohne klare Strategie kann eine Maßnahme später von weiteren Arbeiten überholt oder sogar entwertet werden. Zudem muss eine Einzelmaßnahme in der Regel vollständig abgeschlossen und abgerechnet sein, bevor die nächste gefördert beantragt werden kann – das verlängert die Umsetzung und erschwert die Planung.
Eine Gesamtsanierung verfolgt das Ziel, das Gebäude auf einen bestimmten Effizienzhaus-Standard zu bringen. Dies kann entweder in einem einzigen Schritt oder – mit Hilfe eines iSFP – in mehreren aufeinander abgestimmten Etappen geschehen.
Dazu werden mehrere Gewerke kombiniert – etwa Dämmung, Heizungstausch und neue Fenster – und in einem abgestimmten Konzept umgesetzt. Das erfordert zwar eine größere Investition und umfangreichere Planung, schafft aber langfristige Sicherheit und verhindert doppelte Arbeiten.
Für Eigentümer ist es entscheidend, diesen Unterschied zu kennen: Nur wenn klar ist, ob einzelne Schritte oder ein Gesamtpaket sinnvoll sind, lässt sich eine Sanierungsstrategie entwickeln, die wirtschaftlich und technisch trägt.
Fördervorteile durch den iSFP
Besonders greifbar wird der Mehrwert des iSFP, wenn man ihn an konkreten Sanierungsmaßnahmen durchrechnet. Bei einer Einzelmaßnahme für eine Dachdämmung, eine Fassadendämmung oder einen Fensteraustausch in einem Mehrfamilienhaus mit zehn Wohneinheiten zeigt sich, dass der zusätzliche Bonus schnell zu fünfstelligen Beträgen führt.
Die maximale Förderung für Einzelmaßnahmen an der Gebäudehülle liegt ohne iSFP bei bis zu 4.500 € pro Wohneinheit (15 % von 30.000 €) – also bei 45.000€ für ein Mehrfamilienhaus mit 10 Wohneinheiten.
Mit iSFP erhöht sich der Betrag deutlich auf bis zu 12.000 € pro Wohneinheit (20 % von 60.000 €) – also auf 120.000€ für ein Mehrfamilienhaus mit 10 Wohneinheiten. Mit iSFP kann man in diesem Fall also bis zu 75.000€ mehr Förderung in Anspruch nehmen. Damit wird der iSFP zu einem echten Hebel, um hohe Investitionen wirtschaftlich darstellbar zu machen.
Im Unterschied dazu gelten bei der Gesamtsanierung zum Effizienzhaus andere Obergrenzen und Fördersätze: Die maximal förderfähigen Investitionskosten für eine Gesamtsanierung zum Effizienzhaus liegen bei 120.000€, bei einer EE-Klasse sogar bei 150.000€ pro Wohneinheit. Wird durch die Gesamtsanierung ein Effizienzhaus 85 EE erreicht, werden ohne iSFP davon bis zu 35% bezuschusst, mit iSFP bis zu 40%.
Für ein Mehrfamilienhaus mit 10 Wohneinheiten ergibt sich damit eine maximale Fördersumme von 525.000 € ohne iSFP und 600.000 mit iSFP – in Summe bringt der iSFP auch in diesem Fall ein Förderungsplus von 75.000€. Die 5% Zusatzbonus für den iSFP werden aber nur gewährt, wenn die Gesamtsanierung in Einzelschritten durchgeführt wird, und nicht ein einem einzigen Schritt.
Der iSFP erleichtert die Priorisierung
Darüber hinaus erleichtert der iSFP die Priorisierung. Er zeigt, welche Bauteile die größte energetische Wirkung entfalten und welche Maßnahmen voneinander abhängen. So wird klar, wann die Photovoltaik-Anlage sinnvoll integriert wird, wie sich die Wärmepumpe mit den vorhandenen Heizkörpern vertragen und welche vorbereitenden Schritte – etwa größere Heizflächen oder die Dämmung der Kellerdecke – zuerst zu erledigen sind.
Für Eigentümer und Verwaltungen von Mehrfamilienhäusern ist das hilfreich, um Maßnahmenpakete in Budgets und Zeitfenster einzutakten und Beschlüsse zielgerichtet vorzubereiten.
Planungssicherheit und Wirtschaftlichkeit
Ein iSFP gibt Eigentümern von Mehrfamilienhäusern eine erste Orientierung, welche Investitionen in welcher Reihenfolge sinnvoll sein könnten. Das schafft Planungssicherheit, weil klar wird, welche Bauteile oder Anlagenteile in den kommenden Jahren voraussichtlich angefasst werden sollten. Auch wirtschaftlich liefert der iSFP einen gewissen Rahmen: Die Maßnahmenblätter enthalten überschlägige Kosten und einen Rahmen der Fördermöglichkeiten.
Doch Eigentümer sollten diese Angaben richtig einordnen. Die Zahlen im iSFP sind bewusst sehr grob gehalten und ersetzen keine detaillierte Wirtschaftlichkeitsanalyse. Sie zeigen eher Größenordnungen und Tendenzen, nicht aber belastbare Kalkulationen für ein konkretes Projekt.
Richtig genutzt, kann der iSFP damit helfen, Entscheidungen nicht ins Blaue hinein zu treffen – er verhindert aber nicht, dass für eine ernsthafte Investition weitere Berechnungen und eine individuelle Planung erforderlich sind.
So ist der iSFP nützlich, um einen ersten roten Faden zu haben. Für Eigentümer, die wissen wollen, ob sich eine Sanierung tatsächlich rechnet, ist er jedoch nur der Einstieg in eine tiefere Analyse.
Kosten für einen iSFP
Die Erstellung eines individuellen Sanierungsfahrplans erfordert eine umfassende Analyse des Gebäudes und eine aufwändige Simulation in einem speziellen Programm. Die Kosten steigen mit der Anzahl der Wohneinheiten. Für ein Mehrfamilienhaus mit 10 Wohneinheiten liegen die Honorare eines Energieeffizienz-Experten in der Regel zwischen 3.000 und 5.000 €. Bei 20 Wohneinheiten können es bereits 5.000 bis 8.000 € sein, und für größere Objekte mit 50 Wohneinheiten sind 10.000 € und mehr realistisch.
Die Kosten von Online-Dienstleistern sind teilweise deutlich günstiger, die Ergebnisse sind aber kaum zu gebrauchen, weil in der Regel kein Besuch vor Ort stattfindet und standardisierte Texte verwendet werden, die wenig bis gar nicht auf das Gebäude eingehen, für die der iSFP erstellt wurde.
Gefördert wird die Erstellung durch das BAFA mit einem Zuschuss von bis zu 50 % der förderfähigen Kosten, maximal 500 € pro Wohneinheit und höchstens 15.000 € pro Gebäude. Wichtig ist: Der Antrag auf Förderung muss vor Auftragserteilung gestellt werden, und der iSFP darf nur von gelisteten Energieeffizienz-Experten erstellt werden. Damit reduziert sich der Eigenanteil für Eigentümer deutlich und macht den iSFP auch aus Kostensicht zu einer sinnvollen Investition.
Welche Schritte umfasst die Erstellung eines iSFP für Mehrfamilienhäuser?
Ablauf der Erstellung
Die Erstellung eines iSFP ist ein standardisierter Prozess, der Eigentümern eine nachvollziehbare Struktur bietet. Zunächst führt der Energieberater ein Erstgespräch, um die Ziele des Eigentümers zu verstehen – dies erfolgt in der Regel als Videokonferenz. Anschließend erfolgt eine Vor-Ort-Begehung, bei der die Maße des Gebäudes sowie Baujahr und Zustand von Dach, Fassade, Fenstern, Heizungsanlage, Warmwasserbereitung und technischer Infrastruktur aufgenommen werden.
Mit diesen Informationen wird das Gebäude in einer speziellen Energieberatersoftware simuliert und auf dieser Basis der energetische Ist-Zustand berechnet. Daraus leitet der Berater Maßnahmenpakete ab, die in den iSFP einfließen. Typisch sind Kombinationen aus Dämmmaßnahmen, einer Wärmepumpe sowie einer Photovoltaik-Anlage. Der fertige individuelle Sanierungsfahrplan wird anschließend vom Energieberater übergeben und besten Fall im Detail erläutert.
Rolle des Energieberaters
Der iSFP darf ausschließlich von einem Energieeffizienz-Experten erstellt werden. Dies sind Energieberater mit spezieller Zusatzausbildung, die in der offiziellen Energieeffizienz-Expertenliste eingetragen ist. Für Eigentümer bedeutet das: Nur diese Berater sind befugt, einen iSFP auszustellen, der für die BEG-Förderung anerkannt wird.
Der Energieberater übernimmt außerdem die Beantragung der Förderung für die Erstellung des iSFP und achtet darauf, dass die empfohlenen Sanierungsschritte fachlich und zeitlich sinnvoll eingeordnet werden. Damit ist der iSFP nicht nur ein Dokument, sondern auch das Ergebnis eines Prozesses, der ohne qualifizierten Berater gar nicht möglich ist.
Dauer der Erstellung
Von der Antragstellung bis zur fertigen Übergabe vergehen meist vier bis acht Wochen. Der iSFP selber ist zwar in ein paar Tagen intensiver Arbeit erstellt, aber Termine für die vor-Ort-Begehung in mehreren Wohnungen am selben Tag zu finden und die Abstimmung mit dem Eigentümer erfordert Zeit. Wer Förderungen nutzen möchte, sollte diese Dauer einkalkulieren, da ein gültiger iSFP Voraussetzung für bestimmte Anträge ist.
Was der iSFP nicht leisten kann – Grenzen und typische Missverständnisse
Viele Eigentümer gehen mit der Erwartung an einen iSFP, damit eine vollständige Sanierungsstrategie zu erhalten. Doch in der Praxis ist der iSFP ein Überblicksdokument – kein Sanierungskonzept und kein Ersatz für eine fundierte Sanierungsplanung. Leider scheint der iSFP auch in erster Linie für Einfamilienhäuser entwickelt worden zu sein. Insbesondere die Wirtschaftlichkeitsberechnung ist für Mehrfamilienhäuser größtenteils nutzlos.
Unklare und grobe Kostendarstellung
Die Kostenangaben im iSFP sind nicht belastbar. Statt einer detaillierten Kalkulation werden lediglich grobe Schätzungen gemacht, die sich häufig stark von den realen Angeboten unterscheiden. In den Energieberaterprogrammen, die für die Erstellung des iSFP genutzt werden, sind Kosten für alle Sanierungsschritte angelegt, die mit wenigen Klicks in den iSFP übernommen werden können. Leider sind diese Vorgaben oft falsch, da sie regional auch sehr unterschiedlich sein können. Gute Energieberater arbeiten mit eigenen Zahlen, die sie recherchiert haben.
Aber nur weil die KI sagt, die Dämmung der Fassade eines Mehrfamilienhauses kostet im Schnitt 150 € pro m², heißt das nicht, dass Sie ein Unternehmen finden, dass Ihnen diesen Preis anbietet. Vielleicht müssen Sie das doppelte zahlen, oder im Besten Fall 50% weniger. Wie teuer die Sanierung wird, wissen sie erst, wenn Sie konkrete Angebote von Firmen erhalten haben, die bereit sind, die Umsetzung der Maßnahme bei Ihnen durchzuführen.
Besonders irreführend ist die Kategorie der ‚Sowieso-Kosten‘: Darunter fallen die Aufwendungen, die auch ohne eine energetische Sanierung irgendwann angefallen wären – etwa der Austausch eines alten Dachs, weil es undicht ist. Im iSFP werden zwar die gesamten Investitionskosten genannt, zusätzlich aber auch die abgezogenen ‚Sowieso-Kosten‘ und nur die energetischen Mehrkosten hervorgehoben. Für Eigentümer wirkt es dadurch so, als sei die Maßnahme günstiger, als sie in der Realität tatsächlich ist.
Diese Art der Kostendarstellung gehört zu den typischen iSFP Nachteilen: Eigentümer erhalten zwar eine Zahl, die aber in vielen Fällen nichts mit den realen Marktpreisen und den tatsächlich anfallenden Gesamtkosten zu tun hat.
Schwächen der Wirtschaftlichkeitsanalyse
Noch gravierender sind die iSFP-Grenzen bei der Wirtschaftlichkeitsanalyse. Der iSFP betrachtet nur Energieeinsparungen und vergleicht sie mit groben Investitionskosten. Für Einfamilienhäuser mag das teilweise sinnvoll sein, für Eigentümer von Mehrfamilienhäusern sind die sinkenden Energiepreise in der Regel aber nur ein durchlaufender Posten und können nicht zur Amortisierung der Investitionskosten beitragen.
Abgesehen davon wird im iSFP davon ausgegangen, dass die Energiepreise in den nächsten 30 Jahren auf dem heutigen Niveau eingefroren bleiben, was nicht realistisch ist und die Wirtschaftlichkeit deutlich schlechter darstellt, als sie eigentlich ist.
Für Eigentümer und Verwalter von Mehrfamilienhäusern sind fünf Aspekte für die Wirtschaftlichkeit ihrer Investitionen in energetische Sanierungen relevant, die im iSFP gänzlich fehlen:
● Mieterhöhung nach §559 BGB: Eigentümer können nach einer energetischen Sanierung 8 % der Investitionskosten pro Jahr auf die Miete umlegen – maximal 3 € pro Quadratmeter. Dieser Anspruch ist in der Regel unabhängig vom Mietspiegel und ermöglicht es, die Investition in relativ kurzer Zeit vollständig zu amortisieren. Danach sorgt die Umlage für dauerhafte zusätzliche Einnahmen.
● Steuerliche Vorteile: Abschreibungen und mögliche Sonderabschreibungen reduzieren die steuerliche Belastung über viele Jahre hinweg erheblich und verbessern so direkt die Wirtschaftlichkeit der Investition – zusätzlich zur Umlage auf die Miete.
● CO₂-Steuer: Nach einer energetischen Sanierung sinkt sowohl der Gesamtumfang der CO₂-Steuer als auch der Vermieteranteil erheblich – bei unsanierten Gebäuden steigt er dagegen weiter an.
● Wertsteigerung: Ein Eigentumswohnung, welche durch energetische Sanierungen von Energieklasse D/E zur Energieklasse A aufgewertet wird, kann im Schnitt um 650€ pro m² im Wert steigen. Auf ein Mehrfamilienhaus mit 800m² Wohnfläche umgerechnet entspricht das einer Wertsteigerung von über 500.000€. Für Eigentümer bedeutet das: Während unsanierte Gebäude spürbar an Attraktivität verlieren, gewinnen sanierte Immobilien sowohl beim Verkaufspreis als auch bei der Vermietbarkeit deutlich.
● Photovoltaik-Erlöse: Der Verkauf von Strom an Mieter oder die Nutzung für Allgemeinstrom schafft zusätzliche Einnahmen, die im iSFP nicht auftauchen. Mit einer Photovoltaik-Anlage auf einem Mehrfamilienhaus kann man über den Lebenszyklus einen Gewinn von über 400.000 € erzielen.
Da die fünf maßgeblichen Faktoren fehlen, welche die Wirtschaftlichkeit von energetischen Sanierungs-Investitionen in einem Mehrfamilienhaus ausmachen, liefert der iSFP kein Bild der tatsächlichen Wirtschaftlichkeit. Wer allein auf die dort enthaltenen Berechnungen vertraut, die sich in erster Linie auf eingesparte Energiekosten beziehen, riskiert, Chancen zu verschenken und Investitionsentscheidungen auf falscher Grundlage zu treffen.
Fehlende Maßnahmen- und Zeitplanung
Der iSFP stellt Maßnahmen zwar in Etappen dar, doch eine echte Zeitplanung fehlt. Ob eine Fassadendämmung in fünf oder zehn Jahren sinnvoll ist, bleibt offen. Auch die Wechselwirkungen zwischen einzelnen Gewerken – etwa Dämmung und Heiztechnik – werden nicht berücksichtigt. Für die komplexe Realität von Mehrfamilienhäusern reicht diese Grobeinteilung nicht aus, um eine Sanierung sicher und wirtschaftlich zu steuern.
Fazit –Warum der iSFP nur der erste Schritt zur erfolgreichen Sanierungsplanung ist
Der individuelle Sanierungsfahrplan ist ein nützliches Instrument für Eigentümer und Verwaltungen von Mehrfamilienhäusern. Er bringt einen klaren Fördervorteil, schafft Transparenz über den energetischen Zustand und zeigt, welche Schwachstellen im Gebäude bestehen. Wer ihn nutzt, spart nicht nur bares Geld, sondern erhält eine strukturierte Orientierung für die ersten Schritte einer Sanierung.
Genauso wichtig ist aber auch die richtige Einordnung: Der iSFP ist kein Ersatz für eine strategische Sanierungsplanung eines Mehrfamilienhaus. Er enthält weder eine belastbare Zeit- und Maßnahmenabfolge noch eine belastbare Wirtschaftlichkeitsanalyse, die Sie für Investitionsentscheidungen benötigen. Die Kostenschätzungen sind grob, „sowieso-Kosten“ können den Blick verstellen und zentrale Ertragseffekte – Mieterhöhung nach §559 BGB, steuerliche Effekte, CO₂-Steuer, Wertsteigerung und PV-Erlöse – werden im iSFP gar nicht abgebildet. Wer fundiert entscheiden will, braucht darauf aufbauend ein individuelles, wirtschaftlich durchgerechnetes Konzept.
Der Klima Coach verbindet beides: ich nutze den iSFP als Einstieg und entwickle daraus eine maßgeschneiderte Sanierungsstrategie mit priorisierten Maßnahmen, realistischem Zeitplan und belastbarer Wirtschaftlichkeitsanalyse – inklusive Förderstrategie und Blick auf alle relevanten Einnahmeeffekte. Auf Wunsch unterstütze ich auch bei der Umsetzung, etwa beim Einholen und Bewerten von Angeboten für einzelne Maßnahmen. Wenn Sie wissen möchten, wie das genau für Ihr Mehrfamilienhaus aussieht, vereinbaren Sie ein unverbindliches Erstgespräch.

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