Fernwärme im Mehrfamilienhaus – Chancen, Grenzen und Alternativen
Fernwärme ist ein Thema, das in den letzten Jahren immer stärker in den Fokus gerückt ist. Politiker:innen, Energieversorger und Städte bewerben den Ausbau der Wärmenetze als zentralen Baustein der Wärmewende.
Für Eigentümer und Verwaltungen von Mehrfamilienhäusern klingt die Idee auf den ersten Blick verlockend: Ein Anschluss an ein bestehendes Netz, kein eigener Heizkessel, keine Brennstoffbeschaffung, Erfüllung der 65%-Regel für Erneuerbare Energien und weniger organisatorischer Aufwand. Doch ob sich Fernwärme für Mehrfamilienhäuser tatsächlich lohnt, hängt von vielen Faktoren ab – und die Antwort fällt je nach Perspektive unterschiedlich aus.
Für Eigentümer stehen vor allem die Höhe der Investitionskosten und die Wirtschaftlichkeit, beispielsweise durch die Umlagefähigkeit auf die Miete im Mittelpunkt. Für Mieter geht es um bezahlbare Nebenkosten und planbare Energiepreise. Ökologisch zählt die CO₂-Bilanz des Systems. Und strategisch stellt sich die Frage, wie zukunftssicher eine Entscheidung heute ist.
Der Vergleich mit dezentralen Lösungen zeigt: Wer in Dämmung, Wärmepumpe und Photovoltaik (PV) investiert, verschafft sich langfristig einen entscheidenden Vorteil. Denn während die Anfangsinvestitionen höher sind, sinken nach der Amortisation die laufenden Kosten drastisch. Die Lebenszykluskosten einer Lösung mit Wärmepumpe, PV und ordentlicher Dämmung sind meist wesentlich geringer als der Anschluss ans Fernwärmenetz und die Gewinne deutlich höher.
Selbstbewohner und Mieter profitieren bei Wärmepumpe und PV von niedrigen Betriebskosten und Unabhängigkeit von externen Energiepreisen. Ein Anschluss an die Fernwärme bedeutet dagegen, dauerhaft an die Preisgestaltung der Versorger gebunden zu sein – mit steigender Tendenz.
Neben der klassischen Fernwärme entstehen in vielen Kommunen derzeit auch Konzepte sogenannter lokaler kalter Nah- oder Wärmenetze. Dabei wird das Wasser im Netz nicht auf Heiztemperatur gebracht, sondern nur leicht erwärmt und erst direkt im Mehrfamilienhaus mithilfe von Wärmepumpen auf die benötigte Heiz- und Warmwassertemperatur angehoben – mit deutlich weniger Energieverlusten und mehr Flexibilität für Eigentümer. Für die Sanierung von Mehrfamilienhäusern im Bestand ist dies in vielen Fällen die wirtschaftlichere und nachhaltigere Alternative zu klassischen Fernwärmenetzen.
In diesem Blogbeitrag zeige ich die Chancen und Grenzen des Anschlusses von Mehrfamilienhäusern ans fernwärmenetz auf: wann sie sich lohnt – und wann die Wärmepumpe im Mehrfamilienhaus mit PV die wirtschaftlichere und nachhaltigere Lösung ist.
Wie Fernwärme funktioniert – zentrale Wärme aus dem Netz
Technische Grundlagen
Fernwärme bedeutet, dass Gebäude ihre Wärme nicht selbst erzeugen, sondern aus einem zentralen Netz beziehen. Über isolierte Rohrleitungen gelangt heißes Wasser aus Heizkraftwerken oder Großkesseln zu den einzelnen Gebäuden. Ein Wärmetauscher im Mehrfamilienhaus überträgt die Energie auf das interne Heizsystem im Mehrfamilienhaus.
Der Wärmetauscher spielt eine zentrale Rolle: Er trennt das interne Heizungsnetz des Gebäudes hydraulisch vom öffentlichen Netz, sorgt für einen sicheren Betrieb und passt die Temperatur an die Bedürfnisse des Gebäudes an.
Der entscheidende Unterschied zu dezentralen Heizsystemen: Während Gasheizungen oder Wärmepumpen im Mehrfamilienhaus direkt im Gebäude Energie erzeugen, kommt die Fernwärme von außen – mit allen Vor- und Nachteilen.
Die Effizienz von Fernwärmenetzen hängt stark von der Vorlauftemperatur und dem eingesetzten Brennstoffmix ab. In vielen Städten stammt die Wärme noch überwiegend aus Erdgas oder Kohle, zunehmend aber auch aus Abwärme und erneuerbaren Quellen. Entscheidend ist der jeweilige Versorger: Einige wenige Netze sind bereits klimafreundlich, die meisten sind aber noch weit entfernt von CO₂-Neutralität.
Für Eigentümer bietet Fernwärme den Vorteil einer zentralen Versorgung mit nur geringem Wartungsaufwand. Gleichzeitig entsteht eine Abhängigkeit vom Netzbetreiber – sowohl technisch als auch preislich.
Energieträger im Wärmenetz
Die Energiequellen für Fernwärme sind vielfältig. Noch immer wird ein Großteil mit fossilen Brennstoffen wie Erdgas und Kohle erzeugt. Hinzu kommt ein kleiner Anteil von Abwärme aus Industrieprozessen oder Müllverbrennungsanlagen.
In neueren Netzen wächst der Anteil erneuerbarer Energien – etwa durch Biomasse, Geothermie oder Solarthermie. Aufgrund des berechtigt hohen Drucks, die Fernwärmenetze möglichst bald klimaneutral zu machen, planen viele Regionen und Kommunen – beispielsweise Berlin – Kohle und Gas durch die Verbrennung von Holz zu ersetzen.
Dies ist aber deutlich weniger nachhaltig als die Nutzung von Umgebungswärme und der Sonnenenergie. Letzteres ist in der Regel nur durch Nutzung von Geothermie, Wärmepumpen, Photovoltaik und Solarthermie garantiert – und in vielen Fällen ist das dezentral leichter und wirtschaftlicher zu gewährleisten als über zentrale Fernwärmenetze.
Welche Energieträger tatsächlich genutzt werden, hängt stark vom jeweiligen Netzbetreiber ab. Eigentümer von Mehrfamilienhäusern, die ans Fernwärmenetz angebunden sind, haben hier keinerlei Einfluss. Wer sich an ein Netz anschließt, akzeptiert automatisch den dortigen Brennstoffmix.
Vorlauftemperaturen und Effizienz
Ein weiterer kritischer Punkt sind die Vorlauftemperaturen. Ältere Netze arbeiten oft mit sehr hohen Temperaturen (90 °C oder mehr), was zu Energieverlusten führt. Moderne Niedertemperaturnetze sind effizienter, aber bisher noch selten.
Hohe Vorlauftemperaturen bedeuten nicht nur größere Verluste, sondern auch, dass das Netz schwer auf erneuerbare Quellen umgestellt werden kann. Damit entscheidet die Vorlauftemperatur im Hintergrund maßgeblich über die Effizienz der Fernwärme.
Kalte Wärmenetze als Alternative
Ein alternatives Konzept zu klassischen, heißen Fernwärmenetzen sind sogenannte kalte Nah- oder Fernwärmenetze. Hier wird das Wasser im Netz lediglich auf 20 bis 25°C erwärmt und in nahezu ungedämmten Leitungen transportiert. Erst direkt im Gebäude wird mithilfe von Wärmepumpen die notwendige Heiz- und Warmwassertemperatur erreicht.
Dieses Modell reduziert die Transportverluste erheblich, benötigt weniger Dämmung der Rohrleitungen und erlaubt es, erneuerbare Energiequellen wie Geothermie oder Solarthermie effizient einzubinden. Für Eigentümer und Verwaltungen von Mehrfamilienhäusern bedeutet das: mehr Versorgungssicherheit, geringere Netzverluste und eine deutlich bessere Wirtschaftlichkeit.
Viele Fachleute sehen deshalb in kalten Wärmenetzen die eigentliche Zukunft kommunaler Versorgung – im Gegensatz zu klassischen Hochtemperatur-Fernwärmenetzen, die schwer auf erneuerbare Energien umstellbar sind.
Vor- und Nachteile für Eigentümer
Fernwärme bringt einige Vorteile für Eigentümer und Verwaltungen von Mehrfamilienhäusern: sie sparen Platz im Heizungskeller, müssen keine eigene Anlage installieren und haben wenig Aufwand mit Wartung oder Schornsteinfeger. Auch Versorgungssicherheit wird meist garantiert.
Die Nachteile sind jedoch gravierend: Die Abhängigkeit vom Netzbetreiber ist absolut. Preise, Energieträger und künftige Investitionen liegen nicht in der Hand der Eigentümer. Damit können sie weder die Kostenentwicklung langfristig selbst steuern noch von ihren Investitionen wirtschaftlich profitieren – ein entscheidender Unterschied zu einer Wärmepumpe im Mehrfamilienhaus mit Photovoltaik.
Die Wirtschaftlichkeit von Fernwärme im Mehrfamilienhaus
Kostenstruktur von Fernwärme
Die Wirtschaftlichkeit von Fernwärme hängt entscheidend von ihrer Kostenstruktur ab. Die Investitionskosten – etwa für Bauarbeiten, Leitungsverlegung und die Übergabestation – sind relativ gering, während der Großteil der Lebenszykluskosten auf den laufenden Betrieb entfällt.
Von diesen laufenden Kosten kann der Eigentümer nicht profitieren, er kann sie nur 1:1 an die Mieter weiterreichen. Für die Mieter stellen die steigenden Kosten des Fernwärmenetzes eine stetige Mehrbelastung dar und ihre Möglichkeit und Bereitschaft sinkt, Mietsteigerung für eine qualitative Verbesserung des Mehrfamilienhauses zu akzeptieren.
Beim Einbau einer Wärmepumpe verhält es sich genau andersherum. Die Investitionskosten sind hoch, während die laufenden Kosten im Betrieb gering sind. Der Eigentümer kann die hohen Investitionskosten zu seinem wirtschaftlichen Gewinn nutzen, indem er sie auf die Miete umlegt, steuerlich ansetzt, geringere CO₂-Steuern zahlen muss und von der Wertsteigerung des Gebäudes profitiert.
Ähnlich zeigt sich der Vorteil kalter Wärmenetze mit einer Wärmepumpe im Mehrfamilienhaus für ihre Inhaber. Im Vergleich zum klassischen Fernwärmenetz entfällt ein größerer Teil der Gesamtkosten auf die Investitionskosten im Gebäude, während die laufenden Bezugskosten deutlich geringer ausfallen.
Eine Wärmepumpe – mit oder ohne Nutzung eines kalten Wärmenetzes – schafft damit bessere Voraussetzungen für eine nachhaltige Wirtschaftlichkeit und eine spürbare Wertsteigerung der Immobilie.
Ein nicht unwichtiger Aspekt klassischer Fernwärmenetze: Die Bezugskosten steigen regelmäßig – sowohl durch allgemeine Energiepreissteigerungen als auch durch Anpassungen der Versorger. Einmal angeschlossen, gibt es kaum Möglichkeiten, zu wechseln oder die Fernwärmekosten zu reduzieren.
Umlagefähigkeit und rechtliche Rahmenbedingungen
Die Umlagefähigkeit von Investitionen ist bei allen energetischen Sanierungen ein zentraler Faktor für ihre Wirtschaftlichkeit. Nach § 559 BGB können Vermieter die Kosten einer energetischen Modernisierung grundsätzlich mit acht Prozent pro Jahr auf die Miete umlegen.
Unabhängig davon, ob die Miete bereits an der Grenze von zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt, erlaubt § 559 BGB eine zusätzliche Modernisierungsmieterhöhung – begrenzt durch die Kappungsgrenze von höchstens drei Euro pro Quadratmeter innerhalb von sechs Jahren.
Diese Möglichkeit kann ein Vermieter bei Nutzung von Fernwärme in der Regel nicht ausschöpfen, weil sich die Investitionskosten auf die einmaligen Anschlusskosten beschränken. Da diese Investitionen vergleichsweise gering sind, bleibt der wirtschaftliche Effekt für Eigentümer überschaubar.
Grundlagen der Wirtschaftlichkeitsberechnung
Eine seriöse Betrachtung der Wirtschaftlichkeit muss sowohl die Ausgaben– als auch die Einnahmeseite im Blick behalten. Zu den Ausgaben bei Fernwärme zählen die Investitionskosten (CAPEX) für Anschluss, Heizungsanlage oder begleitende Maßnahmen wie Dämmung ebenso wie die Betriebskosten (OPEX) über den gesamten Lebenszyklus.
Gerade bei Fernwärme machen die laufenden Bezugskosten den größten Anteil aus, während bei Wärmepumpen und kalten Wärmenetzen ein größerer Teil der Gesamtausgaben in der Anfangsinvestition liegt. Förderprogramme können die anfänglichen Investitionen erheblich reduzieren.
Auf der Einnahmeseite greifen fünf Hebel gleichzeitig, wodurch die Investitionen in energetische Sanierungen über die Zeit zu hohen Renditen führen:
1) Umlage nach § 559 BGB – die kompletten Investitionskosten können (innerhalb der gesetzlichen Grenzen) auf die Miete verteilt werden. Nach der Amortisation ist keine Mietminderung notwendig, das Mietniveau bleibt dauerhaft erhöht.
2) Steuerliche Effekte (AfA, Sonder-AfA) – die Investition wird zusätzlich über die Abschreibung steuermindernd wirksam und verbessert den laufenden Cashflow.
3) Senkung der CO₂-Steuer – mit der Abkehr von fossilen Energien sinken die CO₂-Steuern dauerhaft. Je besser das Mehrfamilienhaus gedämmt ist, desto geringer ist darüber hinaus der Vermieteranteil der CO₂-Steuer.
4) Wertsteigerung – eine bessere Energieeffizienzklasse erhöht die Vermietbarkeit, reduziert Leerstandsrisiken und steigert den möglichen Verkaufspreis der Immobilie erheblich.
5) Erlöse aus Photovoltaik – durch den Verkauf von selbst produziertem PV-Strom entstehen zusätzliche Einnahmen, die beim reinen Fernwärmebezug nicht zur Verfügung stehen.
Wenn man die gesamten Kosten und Einnahmen über den Lebenszyklus hinweg betrachtet, zeigt sich ein klares Bild: Bei der Fernwärme fallen die Investitionen zwar geringer aus, doch Eigentümern von Mehrfamilienhäusern haben nur eingeschränkte Möglichkeiten, durch Einnahmen Renditen zu erzielen.
Wärmepumpe und Photovoltaik ermöglichen dagegen, alle fünf Einnahmefaktoren aktiv zu nutzen und sich gleichzeitig von den Preisrisiken externer Versorger zu lösen – in der Praxis ist das meist die wirtschaftlichere und renditestärkere Lösung.
Der Klima Coach bietet Eigentümern und Verwaltungen von Mehrfamilienhäusern fundierte Wirtschaftlichkeitsanalysen an, um genau solche Unterschiede zwischen Fernwärme. Einer neuen Gasheizung und einer Wärmepumpen-Lösungen transparent zu machen.
Wirtschaftlichkeitsanalyse für Fernwärme anhand von drei Beispielen
Die wirtschaftlichen Vor- und Nachteile von Fernwärme sieht man, wenn man eine Wirtschaftlichkeitsanalyse für die drei Fälle A) Anschluss ans Fernwärmenetz, B) Einbau einer neuen Gasheizung und C) Einbau einer Wärmepumpe, Installation einer PV-Anlage und Anbringung einer ordentlichen Dämmung aufstellt. Nachfolgend gehe ich auf die Eckpunkte einer solchen Wirtschaftlichkeitsanalyse mit 10 Wohneinheiten, mit 20 Wohneinheiten und mit 50 Wohneinheiten ein.
Wirtschaftlichkeitsanalyse für ein Mehrfamilienhaus mit 10 Wohneinheiten
| 10 Wohn-einheiten | Investi-tionen | laufende Kosten 30 Jahre | Einnahmen 30 Jahre | Rendite in 30 Jahren | Kosten Mieter 30 Jahre |
| Fernwärme | 95.000€ | 0€ | 245.100€ | 150.100€ | 1.616.996€ |
| neue Gasheizung | 42.500€ | 60.895€ | 109.650€ | 6.255€ | 1.496.161€ |
| WP + PV + Däm | 470.000€ | 0€ | 1.433.869€ | 963.869€ | 121.317€ |
| Vergleich Fernwärme zu Gas | 52.500€ | -60.895€ | 135.450€ | 143.845€ | 120.836€ |
| Vergleich Fernwärme zu WP + PV + Däm | -375.000€ | 0€ | -1.188.769€ | -813.769€ | 1.495.679€ |
Ich empfehle meinen Kunden immer, nicht nur auf die Investitionskosten zu schauen, sondern eine Lebenszyklusanalyse über 30 Jahre zu machen. Nur so lässt sich die Wirtschaftlichkeit wirklich evaluieren, weil so Investitionskosten und laufende Kosten den zusätzlichen Einnahmen gegenübergestellt werden.
Fernwärme im Vergleich zur Gasheizung
Über den gesamten Lebenszyklus ist die Rendite eines Anschlusses an das Fernwärme-Netz gegenüber der Installation eines neuen Gasanschlusses um 144.000 € höher. Dies liegt vor allem an zwei Faktoren: Erstens muss der Eigentümer bei einer Gasheizung in den nächsten 30 Jahren über 60.000 € CO₂-Steuer bezahlen, die er nicht über die Nebenkosten an die Mieter weiterreichen darf. Zweitens kann er durch die höheren Investitionskosten einen größeren Betrag auf die Miete umlegen und damit das Mietniveau weiter anheben, und zwar zeitlich unbeschränkt, über die Amortisationszeit hinaus.
Fernwärme im Vergleich zur Wärmepumpe + PV + Dämmung
Im Vergleich zur Installation einer Wärmepumpe, einer PV-Anlage und einer ordentlichen Dämmung verliert der Eigentümer mit der Option Fernwärme aber 800.000 € potentieller Rendite. Dies liegt einerseits daran, dass er über 30 Jahre durch die höhere Umlage auf die Miete knapp 650.000 € höhere Mieteinnahmen hat. Andererseits nimmt er mit dem Verkauf des PV-Stroms fast 500.000 € über die Lebenszeit der Anlage ein. Die um 375.000€ höheren Investitionskosten sind also schnell amortisiert.
Auswirkungen auf die Mieter und die Immobilie
Wie ist die Perspektive der Mieter auf die drei Optionen? Bei der Option mit der Wärmepumpe sparen die Mieter über die 30 Jahre Laufzeit knapp 1.500.000€ Energiekosten im Vergleich zum Anschluss ans Fernwärmenetz.
Selbst wenn ihre Mieten wie in meinem Beispiel über 850.000 € höher ausfallen als ohne die energetische Sanierung, sparen sie trotzdem 650.000 € ein gegenüber der Option Anschluss an das Fernwärmenetz.
Die Zahlen für den Vergleich Wärmepumpe gegenüber einer neuen Gasheizung fallen noch deutlicher aus und zeigen, dass die Wärmepumpe, mit PV-Anlage und Dämmung die deutlich bessere wirtschaftliche Entscheidung ist.
Interessant ist auch, sich die Wertentwicklung der Immobilie für alle drei Fälle anzuschauen. Ich bin von einem Immobilienwert von 400.000 € ausgegangen. Wenn wir annehmen, dass der Wert beim Einbau einer Gasheizung um 30% sinkt, weil die 65%-Regel für Erneuerbare nicht eingehalten wird, die Immobilie einen schlechten Energieausweis hat und die Bewohner deutlich höhere Heizkosten fürchten müssen, sinkt der Wert um fast 100.000€ auf 307.000 €.
Wenn wir von einer Wertsteigerung für die Fernwärme von 20% ausgehen, weil eine bessere Energieklasse erreicht wird, die 65%-Regel eingehalten wird, geringere CO₂-Steuern zu zahlen sind, aber die Mieter trotzdem mit hohen Energiekosten durch die Fernwärme rechnen müssen, steigt der Wert der Immobilie um 80.000 € auf 480.000 €.
Wenn wir bei der Kombination Wärmepumpe, PV-Anlage und Dämmung von einer Wertsteigerung von 50% ausgehen, steigt der Immobilienwert um 200.000 € auf 600.000 €. Dieser Aspekte muss bei der Wirtschaftlichkeitsanalyse eigentlich noch zur Rendite hinzugerechnet werden.
Wirtschaftlichkeitsanalyse für ein Mehrfamilienhaus mit 20 Wohneinheiten
|
20 Wohn-einheiten |
Investi-tionen |
laufende Kosten 30 Jahre |
Einnahmen 30 Jahre |
Rendite in 30 Jahren |
Kosten Mieter 30 Jahre |
|
Fernwärme |
157.500€ |
0€ |
406.350€ |
248.850€ |
3.195.933€ |
|
neue Gasheizung |
95.000€ |
121.790€ |
245.100€ |
28.310€ |
2.920.958€ |
|
WP + PV + Däm |
790.000€ |
0€ |
2.598.104€ |
1.808.104€ |
214.089€ |
|
Vergleich Fernwärme zu Gas |
62.500€ |
-121.790€ |
161.250€ |
220.540€ |
274.975€ |
|
Vergleich Fernwärme zu WP + PV + Däm |
-632.500€ |
0€ |
-2.191.754€ |
-1.559.254€ |
2.981.843€ |
Die Ergebnisse für ein Mehrfamilienhaus mit 20 Wohneinheiten gehen in dieselbe Richtung, wie die eines Gebäudes mit 10 Wohneinheiten, nur ist der Ausschlag noch größer. In diesem Fall ist die Rendite der Option mit Fernwärme über den Lebenszyklus von 30 Jahren um 160.000 € höher als die Option, eine neue Gas-Heizung zu installieren.
Die Installation von Wärmepumpe, PV-Anlage und Dämmung wiederum würde zu einer um über 2.000.000 € höheren Rendite führen als der Anschluss ans Fernwärmenetz. Die Mieter würden sich in diesem Zeitraum 3.000.000 € Energiekosten sparen, profitieren also trotz einer Mieterhöhung von 1.700.000 € massiv von der energetischen Sanierung.
Wirtschaftlichkeitsanalyse für ein Mehrfamilienhaus mit 50 Wohneinheiten
|
50 Wohn-einheiten |
Investi-tionen |
laufende Kosten 30 Jahre |
Einnahmen 30 Jahre |
Rendite in 30 Jahren |
Kosten Mieter 30 Jahre |
|
Fernwärme |
335.000€ |
0€ |
864.300€ |
529.300€ |
7.894.681€ |
|
neue Gasheizung |
190.000€ |
304.476€ |
490.200€ |
-4.276€ |
7.195.351€ |
|
WP + PV + Däm |
1.770.000€ |
0€ |
6.193.679€ |
4.423.679€ |
487.648€ |
|
Vergleich Fernwärme zu Gas |
145.000€ |
-304.476€ |
374.100€ |
533.576€ |
699.330€ |
|
Vergleich Fernwärme zu WP + PV + Däm |
-1.435.000€ |
0€ |
-5.329.379€ |
-3.894.379€ |
7.407.033€ |
Noch deutlicher wird der Vorteil der Kombination aus Wärmepumpe, PV-Anlage und Dämmung gegenüber der Fernwärme und einer neuen Gas-Heizung bei einem Mehrfamilienhaus mit 50 Wohneinheiten. Die Rendite für den Eigentümer bei der Wärmepumpen-Option ist über 5.000.000 € höher als die Option Fernwärme. Auch in diesem Fall würden die Mieter deutlich profitieren, weil die Mieterhöhung durch Umlage der Investitionskosten lediglich 4.200.000 € beträgt, während sie über 7.000.000 € an Energiekosten einsparen.
Gesetzliche Grundlagen und Pflichten für Eigentümer und Verwaltungen
Kommunale Wärmeplanung
Die kommunale Wärmeplanung ist ein zentrales Instrument der Wärmewende. Städte und Gemeinden legen fest, wo Wärmenetze ausgebaut oder neu errichtet werden. Für Städte mit mehr als 100.000 Einwohner muss die Wärmeplanung bis 2026 abgeschlossen sein, für kleinere Gemeinden bis 2028.
In jenen Gebieten, die ein Wärmenetz haben oder erhalten werden, kann ein Anschlusszwang an die Fernwärme bestehen oder eingeführt werden. Eigentümer verlieren damit ihre Wahlfreiheit – sie müssen sich anschließen oder eine gleichwertige, klimaneutrale Alternative umsetzen. Der Einbau einer Wärmepumpe wird voraussichtlich in allen Fällen als gleichwertige, klimaneutrale Alternative akzeptiert, aber die entsprechende Rechtsprechung steht noch aus.
Gebäudeenergiegesetz (GEG)
Das Gebäudeenergiegesetz regelt die Anforderungen an Heizsysteme, Übergangsfristen und Sanierungspflichten. Für Bestandsgebäude gilt: Konstanttemperaturkessel für Öl- und Gasheizungen, die älter als 30 Jahre sind, müssen bereits jetzt ausgetauscht werden. Rohrleitungen in unbeheizten Räumen müssen gedämmt werden. Und für das Dach beziehungsweise die oberste Geschossdecke gilt ein Grenzwert für den maximalen Temperaturverlust, der praktisch eine Dämmpflicht darstellt.
Wenn Sanierungen anstehen, entweder an der Fassade, dem Dach oder den Fenstern, gelten strengere Dämmpflichten. Auch für die Heizungsanlage gelten deutlich strengere Regeln, für den Fall eines Austausches. Sobald die kommunale Wärmeplanung abgeschlossen, also spätestens 2026 oder 2028, greift beim Heizungswechsel die Pflicht zur Nutzung von 65% Erneuerbare Energien. Neben dem Einbau einer Wärmepumpe oder einer Holzpellet-Heizung ist der Anschluss an die Fernwärme eine der Optionen, um diese Regel zukünftig einzuhalten.
Förderlandschaft und steuerliche Regelungen
Über die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) kann man auch beim Anschluss an ein Fernwärmenetz Förderungen erhalten, allerdings in geringerem Umfang als bei Wärmepumpen oder Dämmmaßnahmen. Förderfähig sind in der Regel nur die Investitionen im Gebäude selbst – also die Übergabestation, die Regelungstechnik und gegebenenfalls hydraulische Anpassungen.
Die Zuschüsse liegen bei etwa 15 bis 20% der Kosten, sofern das Fernwärmenetz bestimmte Effizienzstandards erfüllt und einen ausreichend hohen Anteil erneuerbarer Energien oder Abwärme nutzt. Der Nachweis dafür muss vom Versorger erbracht werden.
Steuerlich lassen sich auch beim Fernwärmeanschluss die Investitionskosten über die Abschreibung (AfA) geltend machen, allerdings ist der entstehende Vorteil ebenfalls begrenzt, weil sich die Abschreibung nur auf die geringen Anschlusskosten bezieht.
Klimabilanz und Zukunftssicherheit von Fernwärme
CO₂-Bilanz der Fernwärme
Die Klimabilanz der Wärmenetze hängt stark vom Brennstoffmix ab. Weil in erste Linie Kohle und Gas verbrannt wird, liegt der Anteil fossiler Energien in vielen Netzen noch bei über 70%. Zwar gibt es Ankündigungen, alle Netze bis 2045 klimaneutral zu machen, aber in vielen Fällen – beispielsweise in Berlin – ist noch nicht ersichtlich, wie das passieren soll.
Neben der ökologischen Komponente und den negativen Auswirkungen nicht klima-neutraler Wärmenetze auf die globale Erwärmung, wird die hohe Abhängigkeit von fossilen Energieträgern auch negative Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit der Nutzung von Wärmenetzen haben.
Einerseits werden die Preise für Kohle, Gas und Öl weiter steigen, während die Kosten für Wärmepumpe und Erneuerbare Energien vermutlich weiter sinken werden. Andererseits fällt die CO₂-Steuer auch für die Bereitstellung nicht klimaneutraler Energie in Wärmenetzen an und wird den Anstieg der Fernwärmegebühren für nicht-nachhaltige Netze noch weiter beschleunigen.
Vergleich mit Wärmepumpe und Strommix
Wärmepumpen im Mehrfamilienhaus arbeiten zunehmend klimaneutral, weil 75% der benötigten Energie klimaneutral aus der Umwelt bereitgestellt werden und die verbleibenden 25% aus dem Strommix jährlich grüner werden. In Kombination mit einer eigenen PV-Anlage erreichen sie nahezu CO₂-freien Betrieb. Fernwärme wird dagegen in den meisten Regionen auf absehbare Zeit teilweise von fossilen Rohstoffen abhängig bleiben.
Risiken zentraler Abhängigkeit
Ein weiterer Punkt den man bei der Nutzung von Fernwärme als Eigentümer eines Mehrfamilienhauses bedenken sollte: als Fernwärmekunde ist man vollständig von der Preisgestaltung und den Investitionsentscheidungen der Versorger abhängig. Eine Wahlfreiheit gibt es nicht, weil es bis auf wenige Einzelfälle maximal ein verfügbares Fernwärmenetz am Standort der Immobilie geben wird.
Dezentrale Heizsysteme mit einer eigenen Wärmepumpe und einer PV-Anlage bieten dagegen Unabhängigkeit und Planungssicherheit. Ein späterer Wechsel von Fernwärme auf eine Wärmepumpe ist mit hohen Zusatzkosten verbunden, weswegen die Entscheidung zwischen Fernwärme und eigener Wärmepumpe gut abgewogen werden sollte.
Fazit – Fernwärme ist nicht immer die beste Lösung
Der Anschluss eines Mehrfamilienhauses an die Fernwärme ist eine Antwort auf verschiedene rechtliche Anforderungen, wie die 65%-Pflicht für Erneuerbare Energien und das Verbot von über 30 Jahre alten Konstanttemperaturkesseln. Sie ermöglicht auch, den Energieausweis eines Gebäudes zu verbessern.
Wenn man sich den gesamten Lebenszyklus anschaut, zeigt sich aber, dass die Kombination aus Wärmepumpe, Photovoltaik und Dämmung für Eigentümer von Mehrfamilienhäusern aus wirtschaftlicher Sicht die deutlich bessere Option ist.
Sie ermöglicht eine hohe Umlage auf die Mieten, schadet aber nicht den Mietern, weil diese Energiekosten in einem noch höheren Umfang einsparen. Die Wärmepumpen-Option ermöglicht darüber hinaus Einnahmen vom Verkauf von PV-Strom und führt zu einer größeren Wertsteigerung der Immobilie, als dies beim Anschluss ans Fernwärmenetz der Fall ist.
Zudem bleibt bei der Fernwärme die Unsicherheit über die künftige Preis- und Brennstoffentwicklung bestehen – ein Risiko, das Eigentümer mit einer Wärmepumpe vermeiden können.
Der Klima Coach unterstützt Sie als Eigentümer oder Verwaltung eines Mehrfamilienhauses gerne dabei, ihre individuelle Situation zu analysieren, eine Wirtschaftlichkeitsberechnung aufzustellen und die passende Entscheidung zu treffen, ob Fernwärme für Ihre Immobilie eine sinnvolle Lösung ist und worin die Alternativen liegen.

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